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Eine Schnapsidee macht Furore - ein Volksfest entsteht und ein Verein wird geboren

Es war einmal... So fangen sie an, die Märchen, und egal, wie sie auch ausgehen, es sind einfach Märchen und passen nicht so recht in unsere heutige schnelllebige Zeit. Und damit basta! Doch manchmal, wenn auch immer seltener, werden sie doch wahr, die Märchen. Und dabei muss das, was entsteht, zunächst nicht unbedingt einen tieferen Sinn haben. Vielleicht ist es auch nur ein momentaner Gag, ein Einfall, eine Schnapsidee, ohne daran zu denken, was daraus wird.

Tatort: die Waldstetter Skihütte - Schauplatz unzähliger Faschings- und Fasnachtsfeten - irgendwann im Januar 1979: Fasnacht der rührigen Altersgenossen 1946/47 unter ihrem nimmermüden Chef Helmut Herkle war angesagt. Mit von der Partie zwei Waldstetter Urgewächse, nämlich Helmut Herkles Ehefrau Renate (Nate) und Gisela Schleicher (Gise), die beide nichts lieber taten, als zur närrischen Zeit kostümiert und natürlich maskiert in die Alte Turnhalle, in die Kindergärten und eben in die Skihütte zu gehen. Meist nur zu zweit, denn ihre Männer hatten damals noch nicht viel für Fasnacht übrig, um nicht den Ausdruck "Fasnachtsmuffel" zu gebrauchen.

So auch im Januar 79. Niemand hatte die beiden erkannt, schon gar nicht unser Freund Helmut, der bei den vielen Altersgenossinnen nicht im Traum an seine Gemahlin dachte. Bei der Entmaskierung war das Hallo groß und Helmut sprachlos. Dann ging alles seinen üblichen Gang: es entwickelte sich ein feuchtfröhlicher Abend, niemand dachte an was Böses. Mit von der Partie war auch Altersgenossin Margret, Gattin von Rainer Barth, seit eineinhalbjahren Schultes unserer schönen Gemeinde. "Moinsch, dei Ma hätt ebbes drgega, wenn mir am Schmotzga Donnstig 's Rothaus stürma dätat ?" fragten unsere zwei Fasnachterinnen listig. "Noi, der dät sich gwieß saumäßig freia!"

Mit viel Heidewitschka-Musik aus einem Kassettenrecorder überraschten die zehn Rathausstürmerinnen den Schultes am "Schmotzga Donnstig" in seinem Amtszimmer. Der war hellauf begeistert, vielleicht witterte er als Vereinsfanatiker schon einen neuen Verein und das, was kommen sollte, fand die Idee voll genial, und so ging es Schlag auf Schlag: Der Rathaussturm war 1980 schon um 11 Uhr 11 im Foyer des Rathauses, ein Jahr später vor dem Rathaus und dehnte sich Jahr um Jahr auf die Straße und den Platz vor der Kreissparkasse aus, bis er beim elfjährigen Jubiläum 1990 die Dimensionen eines echten Waldstetter Volksfestes von heute erreichte: Festzelt, Verkaufsstände, Straßensperrungen, tausend Leute und, und, und: auf jeden Fall der größte Rathaussturm im Ostalbkreis.

Schon am 11.11.1981 formierten sich rund 30 Wäschweiber und -männer in der Skihütte zur FIG (Fasnachts-lnteressen-Gemeinschaft), ein Ungetüm von Bezeichnung, die schon 1982 vom heutigen Vereinsnamen "Waldstetter Wäschgölten" abgelöst wurde. Der zu den Waldstetter Wäschgölten ideal passende närrische Ruf "Wäschgölt ahoi!" wurde übrigens schon 1980 kreiert und erweist sich seither als landauf, landab bekannter Renner. Die Namen der zehn tapferen Rathausstürmerinnen von damals sollen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Ehre, wem Ehre gebührt, mit ihnen hat die Waldstetter Fasnacht angefangen: die leider schon verstorbenen Anneliese Blessing, Gertrud Heitz, Margot Knödler und Renate Waibel, die ehemaligen Wäschweiber Steffi Blessing, Lise Herkommer, Christl Mangold und Gerti Rehm sowie natürlich last, but not least, unsere zwei Skihüttenbesucherinnen vom Januar 1979.